30 Jahre Wiedervereinigung – das Stadttheater feierte dieses Jubiläum bei seiner Langen Theaternacht wie eine »Perlenhochzeit«. Die zahlreichen Besucher konnten nicht nur hinter die Kulissen blicken, sondern auch den ein oder anderen Mitarbeiter in ungewohnter Rolle erleben.
Spektakel müssen sein« hieß mal ein Motto des Theaters, mutig und neugierig. Am Freitag führte die »Lange Theaternacht« diese Tradition quirlig und zuweilen sogar aufregend fort: Aktionen an allen Orten und mit zahlreichen Mitwirkenden des Hauses, alle möglichen Genres und vor allem übersprudelnde gute Laune überall, bis dann alles in die lange Party im Foyer mündete. Wer da noch Energie hatte, war dabei. Angefangen hatte alles mit einer ausverkauften Vorstellung von »Der Vorname«, dem Komödienhit der Saison, und anschließend ging es im ganzen Haus weiter. Nicht überraschend hatte man sich ein gescheites Motto gewählt, »Perlenhochzeit – 30 Jahre vereint – Ost und West«. Zur Begrüßung der Besucher waren ein Trabbi und ein antiker Audi 50 vor dem Haus geparkt, blumengeschmückt und mit Plakat zum Tag verziert. Posen in der Flitterwochenlounge Im bunten Strauß der Angebote fanden sich lauter gut gemachte und durchaus auch ein paar ernst gemeinte Beiträge. Im Foyer konnte man etwa den Chor deutsche Hymnen singen hören – »Einigkeit! Hymnen des wiedervereinten Deutschlands«. Kapellmeister und Chorleiter Martin Spahr legte mit seinen Akteuren eine packende Leistung hin, die kräftigen Beifall erhielt. Ebenso gut kamen Natascha Jung und Michaela Wehrum an, die Titel aus der »Lustigen Witwe« intonierten – von Evgeni Ganev wie üblich engagiert und stilsicher begleitet. Die beiden Sängerinnen spielten ihre Partien zugleich und gaben in den szenischen Elementen ihrem Affen Zucker; ein großer Spaß. Das traf für den ganzen Abend zu. Heiterkeit ging auch von der Fotobox »Flitterwochenlounge« aus, die Lena Michel betreute, eine kleine Fotoecke, die ein kleines Stück des Flurs abtrennte. Motivierte Kandidaten konnten sich erst in einer kleinen Requisite Sonnenbrillen, Schals, Spielzeugpistolen oder schräge Klamotten ausleihen, anlegen und dann zu zweit vor die Linse treten. Kurzes Posieren, Blitz, und dann kam an der Seite ein Farbfoto raus: Große Freude! Hinterm eisernen Vorhang gaben auch die Schmachtigallen heitere Einlagen, »Eine Liaison vereint in Dur und Moll« hieß ihr Programm. Zwischendurch kamen alle immer wieder miteinander ins angeregte Gespräch.Viel Vergnügen verströmten auch die knackigen Musiknummern, die Johanna Malecki und Anne-Elise Minetti dort präsentierten. Hernach gab auch noch Udo Lindenberg, verkörpert von Roman Kurtz ein kleines Gastspiel: auch ein heiteres Kostümfest. Die DDR war ein wichtiger Aspekt des Abends, so konnte man sich oben in der Bar »Grenze« authentische DDR-Drinks und Lebensmittel zu Gemüte führen, serviert von Verwaltungsdirektor Martin Reulecke, dem künstlerischen Direktor und Operndirektor Moritz Gogg und Luisa Piraino vom GIZ. Die sahen so umwerfend real »zonig« aus, dass man schon bei ihrem Anblick schmunzeln musste. Für einige hochwertige Darbietungen war dann einfach keine Besuchszeit mehr übrig: ein Mordsprogramm. Schließlich versammelten sich die verbleibenden Besucher und Mitarbeiter im Foyer bei zuckenden Discolichtern und den bekannten »stampfenden« Rhythmen zum seelischen Ausklang. Bis spät in die Nacht.
04.11.2019, Gießener Allgemeine Zeitung